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Rennrad als Paar

Teil 2 - Liebe braucht 10 Meter Abstand

Teil 2  – oder warum Liebe manchmal 10 Meter Abstand braucht

In Teil 1 habe ich mit euch meine Anfängerfehler und grössten FAILS in Sachen Paarzeit auf dem Rennrad geteilt. Hier erfahrt ihr, wie wir mittlerweile tolle Wege gefunden haben und das Rennradfahren fester und erfüllender Teil unserer Beziehung geworden ist.

„Wir fahren einfach nach Gefühl“ klingt in der Theorie romantisch, führt aber in der Praxis dazu, dass ihr mit leerem Tank auf einer Bundesstraße oder am Gampenpass endet. Jemand muss den Weg kennen – und nein, Strava-Heatmaps sind kein GPS. Wenn Anne plant, schickt sie mir den Track oft nochmal zum Anschauen. So ist es eine gemeinsame Entscheidung, den Feldweg zu probieren und festzustellen, dass er doch nicht asphaltiert ist. So entdecken wir aber auch Strassen, die gar nicht so frequentiert sind. Gerade wenn wir in bergigen Gefilden unterwegs sind, gibt es von der Route eine mit Liebe erstellte zweite Variante nur für mich. Die darin enthaltenen „Extensions“ sind oft kleine Sträßchen links und rechts des eigentlichen Tracks, die die Höhenmeter und den Puls hochschießen lassen. An größeren Pässen fahre ich gelegentlich nochmal ein Stück runter. Am Ende des Anstiegs treffen wir uns dann oft in einem Café und gehen gemeinsam in die Abfahrt. Wenn Anne schon bei 2. Cappuccino sitzt, während ich salzverkrustet nach Wasser frage, war die Extension etwas hart. Wenn ich schon beim Cappuccino sitze….ok, das darf nie passieren, sonst bekomme ich das schon bei der nächsten Tour Extension zu spüren.

Mit diesen Extension fahren wir insbesondere bei bergigen Streckenprofilen sehr gut. Aber auch ohne diese gibt aber noch ein paar weitere Überlebensstrategien, um den gemeinsamen Ride ohne Paartherapie oder ungeplante Solo-Rückfahrten zu meistern. Hier sind ein paar Tipps für den Ernstfall.

🛑 Die 10-Meter-Abstands-Regel

Ja, ihr liebt euch. Aber Liebe bedeutet auch, sich nicht ständig gegenseitig ins Hinterrad zu fahren. Wer vorne fährt, darf nicht plötzlich das Tempo anziehen wie ein Ausreißer in der letzten Etappe der Tour de France. Wer hinten fährt, sollte akzeptieren, dass Windschatten kein Grundrecht, sondern ein Luxus ist. Manchmal ist es auch ok, einfach mal etwas Abstand zu halten -so, wie im wahren Leben.

⛰️ Das Berg-Warte-Gesetz

Ein Anstieg ist keine Einladung, um endlich die unterschwellige Leistungsdominanz in der Beziehung zu klären. Wer stärker ist, fährt entweder in Schlangenlinien, zählt die Blumen am Straßenrand oder nutzt die Gelegenheit für eine Instagram-Story. Am Gipfel zu warten ist Pflicht – und zwar mit aufrichtigem Gesichtsausdruck, nicht mit dem Mitleidslächeln eines Tour-de-France-Profis, der gerade einen Hobbysportler überrundet hat.

🍰 Der Kaffeepausen-Kompromiss

Während der eine auf eine „effiziente Einheit ohne unnötige Stopps“ schwört, hält der andere schon innerlich nach dem nächsten Café Ausschau. Die Lösung: ein fairer Deal! Wenn der eine seine Intervalle fahren darf, gibt’s für den anderen wenigstens einen Espresso und ein ordentliches Stück Schokotorte. (Und wehe, jemand stellt das zur Diskussion!)

🗺️ Der Navigations-Frieden

„Wir fahren einfach nach Gefühl“ klingt in der Theorie romantisch, führt aber in der Praxis dazu, dass ihr mit leerem Tank auf einer Bundesstraße endet. Jemand muss den Weg kennen – und nein, Strava-Heatmaps sind kein GPS. Wer navigiert, bekommt keine klugen Kommentare von hinten. Wer hinten fährt, akzeptiert die Route oder übernimmt beim nächsten Mal die Verantwortung. (Und ja, sich verfahren bedeutet, dass es eine Extrarunde Kuchen gibt.)

💡 Die „Ich-fahr-allein“- Exit-Strategie

Manchmal ist es besser, getrennte Runden zu drehen und sich einfach nach der Tour auf ein eisgekühltes Weizen (alkoholfrei oder nicht) in der Sonne zu setzen. Dann könnt ihr euch gegenseitig eure heroischen Statistiken präsentieren, ohne unterwegs den inneren Frieden zu riskieren.

Rennradfahren als Paar

Über mich

Über mich

Martin Lechtschewski

Randonneur & Blogger

Hi, ich bin Martin und das Radfahren ist eine der wichtigsten Konstanten in meinem Leben. Die Faszination für Abenteuer hat mich zunächst zum Radreisen gebracht. Damals rollte ich noch behäbig über Tage bis Wochen mit 40 Kilo Gepäck über die Straßen Europas. Dabei war es immer diese eine Frage, die mich antrieb, weiter in die Pedale zu treten: "Wie ist es wohl auf den Sattel zu steigen und aus eigener Kraft eine anfangs scheinbar unwirkliche Entfernung zu überwinden, hohe Berge zu bezwingen, fremde Länder zu durchqueren und verschiedensten Menschen zu begegnen?"

Heute kann ich sagen, es ist vor allem eine Begegnung mit sich selbst. Der Moment des Starts und das Erreichen des Zieles spielen am Ende nur Nebenrollen -  Es geht vor allem um die Wege dazwischen.

Da es der Alttag nicht ohne weiteres zulässt, 5-6 Wochen am Stück auf dem Rad zu verbringen, landete ich schließlich beim Renndradfahren auf langen Strecken mit möglichst wenig Gepäck. Statt einen Monat bin ich dabei nur ein paar Stunden (bisher nicht mehr als 86) unterwegs und tauche schon mit der ersten Pedalumdrehung ins Abenteuer ein. Heute sagt man dazu Ultracycling, vielleicht auch Bikepacking

Mir geht es um DIE WEGE DAZWISCHEN