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Schnee oder Eis(becher)

Winterdomizil Costa Blanca

In den letzten Jahren haben wir immer wieder nach schönen Revieren Aussschau gehalten, in denen sich die Radsaison wahlweise nach vorn in den frühen Frühling oder nach hinten in den späten Herbst verlängern lässt. Dabei haben wir Südtirol und Sloweninen für uns entdeckt. Ab April und bis in den Oktober hatten wir dort Tage, an denen wir kurz-kurz unterwegs waren. Mehr zu unserem ersten Slowenien-Trip inklusive Insider-Kotakt vor Ort lest ihr hier. 

Jetzt ist es allerdings Januar und da ist es selbst dort noch zu kalt. Einige von euch verbringen vielleicht die dunklen Abende vor dem hellen Bildschirm in Watopia und sehnen sich die Sonne zurück. So haben auch wir letztes Jahr überlegt, wie wir uns aus der Winterraddepression befreien könnten, denn die üblichen Symptomlindeeungsmaßnahmen hatte ich bereits hinter mich gebracht. So war das Budget für neue Radutensillien schon aufgebraucht, sämtliche Raddokumentationen durchgeschaut und als ich mich dabei ertappte, alte Etappen der der vergangenen Tour nochmal anzuschauen, deren Ausgang ich kannte, war klar, wir müssen wieder raus, so richtig Radfahren. Aber wo?

Ein kurzer Blick auf Strava bringt schon die erste Inspiration. Wo trainieren die Pros gerade, bevor die Frühjahrsklassiker die Saison in Europa einläuten? Da rückt Spanien, genauer gesagt die Costa Blanca, recht schnell in den Fokus, weil dort nicht nur das Klima ausgesprochen vielversprechend, sondern es auch eine recht gute Infrastruktur gibt – heißt, es ist problemlos möglich, Räder in allen Kategorien auszuleihen, was es logistisch sehr entspannt macht. Natürlich hätten wir die Hobel auch mitnehmen können, aber eine Woche fremdgehen mit ein paar spanischen Strassenschönheiten sind vom Familienrat genehmigt 🙂 

Es gibt auch genug Radläden, die einem bei auftretenden Problemen helfen können. Die Autofahrer sind sehr entspannt. Man fühlt sich nicht wie Freiwild mit Rücklicht, wenn man mal auf einer größeren Strasse landet.

Also ist für uns schnell die Entscheidung gefasst. Nach einer Anreise über Valencia und dann nochmal 100 Kilometer Richtung Süden und schon erreichen wir Denia. In der Nähe der Küstenstadt haben wir Quartier und Bikes bezogen und von einem kleinen Hotel als Basis unsere Touren ins Hinterland gestartet. Dabei haben wir jeden Tag Temperaturen um die 20°c. Kurz-kurz im Februar! Natürlich ist es morgens und abends frisch. Beimlinge, Armlinge und Weste kommen schon auch zum Einsatz, aber dafür gibt es auch den ersten Eisbecher des Jahres in der Sonne mit Blick auf das Meer. Am ersten Tourtag kam mir gleich mal der gesamte Visma-Mannschaftszug entgegegn, später in der Woche treffen wir noch auf Groupama und Deceunick. Die Pros wissen halt, wo man im Februar gut Eis essen kann.

Oder sind sie doch wegen den Anstiegen hier? Von lang und stetig bis kurz und giftig ist da alles zu finden. Die Landschaft ist spektakulär. Schroffe Felsen erinnern an alte Westernschinken, die verlassenen Hotelklötze an der Küstenstraße wirken wie Gerippe des Touristentrubels, der sich hier im Sommer abspielen muss. Um diese Jahreszeit trocken nur ein paar Arbeiter ihre Klamotten über den Balkongeländern.

Wir freuen uns schon sehr, dass wir die Costa Blanca im Februar 2025 wieder auf dem Plan haben – hoffentlich unter genausoguten Bedingungen wie im letzten Jahr. Diesmal haben wir Begleitung und ich freue mich auf eine schöne Zeit voller Erholung, Abenteuer, Eis und den ersten Laktatspitzen des Jahres außerhalb des Labors. 

Über mich

Über mich

Martin Lechtschewski

Randonneur & Blogger

Hi, ich bin Martin und das Radfahren ist eine der wichtigsten Konstanten in meinem Leben. Die Faszination für Abenteuer hat mich zunächst zum Radreisen gebracht. Damals rollte ich noch behäbig über Tage bis Wochen mit 40 Kilo Gepäck über die Straßen Europas. Dabei war es immer diese eine Frage, die mich antrieb, weiter in die Pedale zu treten: "Wie ist es wohl auf den Sattel zu steigen und aus eigener Kraft eine anfangs scheinbar unwirkliche Entfernung zu überwinden, hohe Berge zu bezwingen, fremde Länder zu durchqueren und verschiedensten Menschen zu begegnen?"

Heute kann ich sagen, es ist vor allem eine Begegnung mit sich selbst. Der Moment des Starts und das Erreichen des Zieles spielen am Ende nur Nebenrollen -  Es geht vor allem um die Wege dazwischen.

Da es der Alttag nicht ohne weiteres zulässt, 5-6 Wochen am Stück auf dem Rad zu verbringen, landete ich schließlich beim Renndradfahren auf langen Strecken mit möglichst wenig Gepäck. Statt einen Monat bin ich dabei nur ein paar Stunden (bisher nicht mehr als 86) unterwegs und tauche schon mit der ersten Pedalumdrehung ins Abenteuer ein. Heute sagt man dazu Ultracycling, vielleicht auch Bikepacking

Mir geht es um DIE WEGE DAZWISCHEN